Ziele und Ideen

Redetext vom 30. März 2017 zur gemeindlichen Informationsveranstaltung zum Gärtnereiquartier

Guten Abend,

ich fühle mich heute Abend hier ganz zu hause, weil ich so viele bekannte Gesichter sehe. Und ich möchte Ihnen ergänzend zu den Informationen, die Sie von Herrn Landbrecht bekommen haben, mitteilen, was mich bei der ganzen Sache bewegt.
Ich bin dankbar, dass ich hier in diesem Dorf leben darf, wohl an einem der schönsten Plätze, die man sich denken kann – und diesen Ort Heimat nennen darf.
Ich bin dankbar, dass ich hier aufwachsen durfte – die Gärtnerei war ein Abenteuerspielplatz erster Güte mit tausend Möglichkeiten zum Verstecken, Basteln und Bauen…
Später habe ich meiner Großmutter geholfen, sie hat wunderschöne Blumensträuße gebunden, einer davon hängt als gemaltes Bild von Otto Vaeltl drüben im Sitzungssaal – es wird leider immer abgehängt, wenn Sitzung ist…
Ich bin dankbar, dass meine Familie mir die Gärtnerei als Erbe überlassen hat – sie haben sie über Generationen hinweg mit viel Mühe aufgebaut – und auch über die schwierigen Zeiten der Weltkriege getragen.

Dieses Erbe will ich mit Hilfe der Gemeinde und erfahrenen Fachleuten sinnvoll und verantwortungsbewusst weiter formen und gestalten.

Dabei kann und will ich auch etwas mehr tun, als das ein x-beliebiger Investor tun kann. Ganz einfach, weil das Grundstück schon da ist und ich es nicht erst kaufen muss. Mit diesem Vorteil ist es möglich, nicht nur auf Rentabilität zu schauen, sondern auch auf Qualität. Vor allem muss ich nicht das Allerletzte herausquetschen, es kann Flächen und Räume für die Gemeinschaft und Grün-Räume geben. Und ich kann Wohnobjekte schaffen, die sich nicht nur Spitzenverdiener leisten können.

Offensichtlich ist, dass in Seeshaupt erschwinglicher, bezahlbarer Wohnraum gebraucht wird. „Bezahlbarer Wohnraum“ wird im Allgemeinen so definiert, dass man nicht mehr als ein Drittel seines Netto-Einkommens fürs Wohnen ausgibt. Statistisch gesehen liegt das Haushalts-Nettoeinkommen des Seeshaupters im Durchschnitt sehr hoch, viel höher als sonstwo in Bayern, weil hier viele vermögende Menschen leben. Was aber ist mit denen, die gar nicht so schlecht verdienen, zum Beispiel eine verbeamtete Lehrerin oder ein Bankangestellter?

Dann höre ich immer wieder, dass es zu wenig Mietobjekte in Seeshaupt gibt, egal welcher Größe.
Denken wir zum Beispiel an ältere Menschen, die einsam in großen Häusern leben und sich durchaus vorstellen könnten, weniger Raum zu haben, sie würden sogar einer Familie ihr Haus überlassen. Für solche Fälle brauchen wir kleinere Wohnungen oder Apartments mit Anschluss zu einem Gemeinschaftsraum, in dem man sich treffen kann. Eine Art Luxus-WG – es muss attraktiv genug sein, damit ältere Menschen ihre „sichere“ Umgebung tatsächlich dagegen eintauschen. Für solche Wohnformen gibt es so gut wie keine passenden Wohnungen. Das zumindest melden mir die Interessenten, unter denen erfreulicherweise schon 22 Seeshaupter sind.
Ähnliches gilt für jüngere Erwachsene, junge Paare und kleine Familien.

Um erschwinglich bauen zu können, muss man sparsam mit Grund und Boden umgehen, den Raum sinnvoll nutzen und angemessene Wohnungsgrößen mit gut geschnittenen, möglichst universal nutzbaren Räumen schaffen. Es bedeutet auch, dass wir den momentanen Verbrauch von Wohnfläche pro Person verringern müssen.
(1950 lebten noch mehr als drei Personen in einem Haushalt, pro Kopf hatte jeder 16 m2 Wohnfläche zur Verfügung. 2015 leben in Deutschland weniger als zwei Personen in einem Haushalt, pro Person wird 46,5 m2 verbraucht.)
Auch ist der Strukturwandel in Seeshaupt nach meiner Meinung längst angekommen. Jeder, der hier ein Geschäft oder eine Wirtschaft hat, wird das bestätigen. Es gibt hier viele, die tagsüber weg sind und abends zu müde, um in Seeshaupt auszugehen und noch etwas zu konsumieren.
Ich möchte nicht, dass Seeshaupt ein Satellit der Stadt München wird, sondern ein eigenständiges, lebendiges Dorf bleibt oder wieder wird.

So würde ich mir wünschen, dass aus der Gärtnerei in den nächsten zehn Jahren ein Wohnquartier wird, von dem die Bewohner und die Nachbarn sagen „hier lebe ich gerne, hier fühle ich mich zu Hause, das ist meine Heimat“ und auch die übrigen Seeshaupter der Meinung sind, dass das Quartier Seeshaupt zum Guten verändert hat.

Ich jedenfalls werde meine ganze Kraft genau daran setzen!